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MORITZ – Eine Geschichte über die Leidensfähigkeit von Katzen

Ich weiss nicht, wie oft ich versucht habe seine Geschichte aufzuschreiben und gescheitert bin, denn in meinen Worten lag noch immer so viel Vorwurf … und so entschied ich mich, ihn erstmal gesund werden zu lassen, da sich in kurzer Zeit gleich mehrere gesundheitliche Baustellen zeigten.

Moritz – der sanfteste Kater der Welt – zu dessen „Unsauberkeit” ich gerufen wurde, und sich dann als Tierschutzfall herausstellte.

Weil es hier um Moritz geht, werde ich versuchen nur die Teile seiner Geschichte erzählen, die wichtig sind, um ihn und seine individuellen Bedürfnisse zu verstehen. Ich glaube, dass alles andere zu viele Emotionen wecken und von Moritz und seiner Suche nach seinen Menschen in seinem Für-Immer-Zuhause ablenken könnte …

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Mitte Juni wurde ich von einem gesetzlichen Betreuer kontaktiert, weil der medizinische Pflegedienst einer betreuten Dame drohte, den Dienst einzustellen, wenn die Unsauberkeit des Katers nicht gelöst würde.

An dem Tag des Hausbesuchs waren es Temperaturen über 30°C und als mir die Tür geöffnet wurde, kam mir ein Geruch von kaltem Zigarettenrauch, Müll, Fäkalien und Alkohol entgegen. Es stellte sich heraus, dass er mit zwei pflegebedürftigen Damen lebte, die am Boden unserer Gesellschaft leben und weder psychisch noch physisch in der Lage waren sich selbst, ihre Wohnung, geschweige denn ein Tier allein zu versorgen.
Nur zwei sehr schmutzige Plastiknäpfe in der Küche, ein alter Kratzbaum im Wohnzimmer und ein kleines zugestelltes Zimmer mit einem Bett, das mit Kot von mehr als einem Monat übersät war, deuteten auf die Existenz einer Katze hin. Es gab keine Katzenklos und sein Wassernapf war bei diesen hohen Temperaturen leer und auf meine Frage danach, beklagte sich eine der Damen darüber, dass er immer Hunger hätte und so viel trinken würde.

Als Moritz mich das erste Mal mit seinem kindlichen Blick anschaute, voller Vertrauen zu mir kam und zu schnurren begann, dachte ich, dass seine Menschen dennoch irgendetwas richtig gemacht haben mussten.
Sein Fell sah ganz struppig aus, war sehr schuppig und fettig und als ich ihn streichelte, spürte ich, dass sein Rücken übersät von vermattetem Fell war. Beide Frauen konnten sich gar nicht mehr oder nur schwer bücken und hatten ihm daher von oben das Futter in den Napf geschüttet, dass er hungrig (beim Versuch schnell zu fressen) auf den Rücken bekommen hatte.

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Entgegen der Überzeugung seiner Menschen spielte er wie verrückt, auch wenn er beim ersten Fang des Spielzeugs völlig überwältigt den Anhänger der Spielangel anfauchte. Im Spiel waren seine Bewegungen unkoordiniert und er war schnell außer Atem. Er verschlang die Fleischleckerlies und ließ sich geduldig von mir die größten Fellknoten vorsichtig mit Flohkamm und Schere entfernen.

Moritz´Unsauberkeit

Seit Jahren setzte er Urin auf einem Handtuch im Wohnzimmer vor der Balkontür ab und den Kot im ehemaligen Schlafzimmer auf Inkontinenzunterlagen, die jedoch nicht regelmäßig erneuert wurden, so dass sich inzwischen Kot von mehr als einem Monat angesammelt hatte. Wurde das Handtuch nicht regelmäßig gegen ein Frisches ausgetauscht, suchte er sich eine alternative weiche Stelle auf dem Boden, um seine Blase zu entleeren. Das hatte wohl nach der Kastration vor ca. 8 Jahren begonnen.

Ich säuberte provisorisch das Zimmer von dem ganzen Kot und besprach mit ihnen meine drei wichtigsten Handlungsempfehlungen und schrieb diese gut leserlich auf und dem dringenden Rat, Moritz einem Tierarzt für eine komplette Gesundheitskontrolle mit Blut- und Röntgenuntersuchung vorzustellen. Sein Verhalten ließ organische Beschwerden vermuten, so dass ich alle organischen Ursachen ausschließen wollte, da er seit der Kastration keinen Tierarzt gesehen hatte.

War ich auf dem Heimweg noch wie erstarrt, überfluteten mich Zuhause meine Gedanken und Gefühle und Tränen liefen. Dieser sanfte Kater tat mir so unendlich leid, sein kindlicher Blick und seine Sanftheit berührten mich so tief. Ich war schockiert, wütend und fühlte mich so ohnmächtig und zerissen, von dem Wunsch diesen Kater aus diesen Lebensumständen zu befreien und dem Wissen, dass er wahrscheinlich der einzige Lichtblick im Leben dieser Frauen war und das einzige Lebenwesen, das ihnen soetwas wie Liebe entgegenbrachte.

Wer mich kennt, weiss, dass für mich ein Tierheim immer nur das letzte Mittel der Wahl darstellt, denn das Leben der Tiere dort ist vergleichbar wie ein Leben im Gefängnis und kann viel mehr auch nicht ableisten. Doch für diesen Kater war ich überzeugt, dass das sogar besser wäre, als bei den Frauen zu bleiben, denn es bedeutet zumindest Hoffnung auf ein gutes Zuhause.

Ich besprach mit dem Betreuer das Ergebnis meines Hausbesuchs und meine Empfehlungen. Ich stellte dabei heraus, dass nicht der Kater das Problem sei, sondern seine Lebensbedingungen und bot ihm meine Unterstützung an, da es offensichtlich war, dass die finanziellen Mittel sehr begrenzt waren und jeder Euro für Moritz gebraucht werden würde. Ich hoffte inständig, dass sich mit genug Unterstützung die Situation für diesen Kater verbessern könnte, aber ich war auch entschlossen die Reißleine zu ziehen und die Frauen auf eine Abgabe hin vorzubereiten, wenn es sich innerhalb einer angemessenen Zeit nicht verbessern würde, denn tierschutzrechtlich war diese Situation nur grenzwertig vertretbar. Ich wollte ihm zudem eine Reinigungsfirma für eine Grundreinigung der Zimmer mit entsprechenden Enzymreinigern vermitteln und einen versierte Catsitterin, die zumindest 1-2 Mal pro Woche nach dem Kater schauen und die Frauen zu einer verantwortungsvollen Versorgung von Moritz unterstützen konnte. Der Betreuer nahm dankbar mein Angebot an und wir verblieben, dass ich ihm eine Bestellliste und die Bezugsquellen für Katzenklo, Enzymreiniger, Katzenstreu etc. per E-Mail zusenden und mich melden würde, sobald ich die Reinigungsfirma und die Catsitterin gesprochen hätte.

Und dann half der Himmel …

Nur wenige Tage nach meinem Hausbesuch, erhielt ich die Nachricht, dass sich eine der Frauen im Krankenhaus befand und auch die andere Dame abgeholt werden sollte, so dass ich kurzfristig nach einem Catsitter zur täglichen Versorgung des Katers gefragt wurde. Ich versprach mich schnell zu erkundigen, allerdings riet ich dazu (auch aufgrund der Kosten) nach einer Pflegestelle zu suchen, wo er besser versorgt werden würde und der Betreuer stimmte dem zu.

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Dank einer Tierschutzfreundin konnte Moritz innerhalb eines Tages bei einem jungen Studentenpaar untergebracht werden, die zwar eher katzenunerfahren waren sich aber mit meiner Unterstützung liebevoll um ihn kümmern wollten, da sie aufgrund der Corona-Umstände viel Zeit hatten.

Wir ließen in ankommen und gaben ihm einen katzenrechten Alltag mit mehreren großen offenen Katzenklo und feiner Klumpstreu und hochwertigem Futter und Wasser im Überfluss. Er lernte die Katzenklos zu benutzen und langsam zu fressen und sein stumpfes schuppiges Fell wurde von allen Knoten befreit und er erholte sich. Ein Tierarzttermin für einen kompletten Gesundheitscheck wurde mit der Zustimmung des Betreuers veeinbart und nach etwa 2 Wochen ging es zum Tierarzt. Zu dem Zeitpunkt war klar, dass er eine Zahnsanierung benötigen würde, denn er stank aus dem Maul und die Art wie er manchmal fraß, deutete auf Schmerzen hin.

Moritz´Krankengeschichte

In unregelmäßigen Abständen schien er auch beim Kotabsatz Beschwerden zu haben, die manchmal so groß waren, dass er dann das Klo zu meiden begann. Die Analdrüsen waren dickflüssig, fast trocken voll und wurden entleert, doch auch danach wurde es nicht besser. Da es sporadisch auftrat und in keinen logischen Zusammenhang mit der Ernährung gebracht werden konnte, wurde dies nur mittels Kotprobe zum Darmflora-Screen, Nahrungsausnutzung und Chymotrypsin angegangen. Diese Untersuchungen zeigten jedoch keine Auffälligkeiten bis auf eine leichte Erhöhung der Neutralfette. Außerdem wurde er entwurmt und geimpft.

Leider stellte sich heraus, dass er neben einer fürchterlichen Entzündung im Maul aufgrund von verrotteten Zähnen, auch einen Diabetes zu haben schien. Im Röntgen erschien ansonsten auch nichts auffällig. Eine Zahnsanierung wurde aus der Not heraus zunächst ohne Dentalröntgen gemacht. In Anbetracht des gesundheitlichen Zustandes von Moritz und der damit verbundenen Kosten wurde ich gebeten bei der Suche nach einem neuen Zuhause für Moritz zu helfen, damit er nicht in das Tierheim muss. Aufgrund des instabilen gesundheitlichen Zustands von Moritz übernahm ich ihn, so dass er vorerst offiziell ein Roho ist. Die Hoffnung, dass nach einer Zahnsanierung der Zucker sich wieder regulieren würde, wurde leider nicht erfüllt, so dass die Einstellung mit Insulin begann.

Nach etwa 10 Tagen war die Pflegemama in der Lage die Blutzuckermessung und das Spritzen allein zu übernehmen, so dass mein Alltag wieder in den Normalmodus gehen konnte. Im Homemonitoring und mit Tagesprofilen wurde er eingestellt, doch seine vermehrt auftretenden Beschwerden beim Kotabsatz und dann auch beim Harnabsatz erschwerten es enorm. Unter einem Schmerzmittel begann er wieder Harn im Klo abzusetzen. Ein Harnstatus mit Sediment und mikrobiologischer Untersuchung zeigte keine Hinweise auf eine Blasenentzündung. Seit er Pankreasenzyme und ein Schmerzmittel bekommt, haben sich seine Zuckerwerte verbessert, so dass wir vor einige Tagen die Insulindosis reduzieren konnten.

Wir hoffen, im Ultraschall nächste Woche mehr über die Ursache seiner Beschwerden zu finden, damit wir diese adressieren können, da wir ihm diesbezüglich momentan nur symptomatisch helfen.

Fortsetzung folgt …

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