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Moritz – Das Ende der Geschichte

… VON DER LEIDENSFÄHIGKEIT VON KATZEN

Moritz, mein wunderbarer Kater, du wunderschöne Seele. Ich wollte dir Glück, Gesundheit und bald auch ein Für-immer-Zuhause schenken.
Nie hätte ich gedacht, dass ich über dein Ende schreiben müsste, und doch ist meine schlimmste Befürchtung wahr geworden.
Ich habe mir so sehr gewünscht, dass du endlich zu einem gesunden und glücklichen Kater werden und in liebevoller Gesellschaft leben kannst. In 20 Monaten habe ich mein Versprechen nicht gehalten. Du hattest so viel mehr verdient.
Und wenn ich an deine letzten 24 Stunden denke, zerreisst es mir das Herz.
Was ist nur passiert?
Es ging so schnell.
Innerhalb von 24 Stunden habe ich dich verloren.
Warum musstest du so leiden?
Es tut mir so unendlich leid.
Hätte ich gewusst, dass dein Leben in Gefahr ist, hätte ich dich zu mir geholt …

Vergib uns Menschen nicht … vergib mir nicht.

Samstagabend bekam ich auf dem Rückweg von einem Hausbesuch einen Anruf deiner Pflegemama, dass du seit 3 Tagen sehr schlecht fressen würdest. Ich war außer mir, weil sie gewartet und auf eigene Faust rumprobiert hatte, wenn sie doch um deine Erkrankungen weiß und die Absprachen andere waren. Auf meine Fragen in Bezug auf dein Verhalten in der letzten Zeit und dein Befinden, wurde mir gesagt, dass du dich wie immer verhalten würdest, d. h. spielst, kuschelst und erzählst. Ich bat dich zu wiegen und den Blutzucker zu messen.
Der Zucker war erhöht bei 184 und dein Gewicht lag nur noch bei 3,6 Kg.
Du hattest Hunger, aber offensichtlich hielt dich etwas vom Fressen ab, denn du probiertest immer nur etwas.

Weil sie sagte, dass es dir sonst gut gehen würde, bekamst du Cerenia und später auch Antra Mups. Reconvales Tonicum und Futter blieben die ganze Zeit verfügbar und für die Nacht bekamst du noch SEB. Ich hoffte, dass wie in der Vergangenheit deine Pankreas wieder etwas verärgert war und du am morgen wieder fressen würdest.

Doch am nächsten Morgen schrieb sie mir, dass du noch immer nicht fressen wolltest, seit der Nacht unruhig warst, weichen Kot bekommen hast und begonnen hattest immer wieder laut zu vokalisieren. Ich hatte deine Schilddrüse im Verdacht. Aber Sie sagte, dass du zitterig und wackelig auf den Beinen wärst und dein Zucker bei 500 war. Ich bat um Wiederholung mit dem zweiten Messgerät und auch die Ketone zu messen. Der Zucker war nicht mehr messbar und dein Ketonkörperwert lag bei 0,1. Ich hörte dich im Hintergrund schreien und sah deine Unruhe auf den Videos. Dann warst du plötzlich sehr erschöpft und ich bat deine Temperatur zu messen, die nur bei 37,3 °C lag.

Ich sagte, dass du sofort zu einem TA musst, wo du komplett auf den Kopf gestellt werden und behandelt werden kannst. Ich begann zu telefonieren und schickte dich mit Wärmeflasche zur Praxis Sörensen. Um keine Zeit zu verlieren, machte ich mich mit den Befunden der letzten 12 Monate direkt auf den Weg zur Praxis und sprach dabei mit einer TÄ von Dr. SAM und ich benachrichtigte deine Haustierärztin.

Als du in der Praxis ankamst, warst du bereits zu schwach um zu sitzen. Beim Abhören stellte die TÄ Herzgeräusche fest, die vorher nicht festgestellt wurden. Dir wurde ein Zugang gelegt und bekamst Infusion, denn du warst dehydriert. Die Tierärztin und Helferin waren sehr professionell und dabei respektvoll und liebevoll im Umgang mit dir.

Die Ergebnisse zeigten katastrophale Nierenwerte, dein Kreatininwert lag bei 11,5, der Harnstoff bei über 130 und dein Kalium bei 2,5 während dein Zucker bei über 686 gemessen wurde. Ich hatte damit gerechnet, dass deine Pankreas oder deine Schilddrüsenwerte wieder erhöht sein könnten. Aber nie hätte ich damit gerechnet, dass deine Nieren zusammenbrechen. Alle anderen Werte einschließlich der Schilddrüse waren im Normbereich. In den 3-Monatschecks waren deine Nierenwerte nie auffällig gewesen, nicht einmal der SDMA.
Die TÄ fragte mich, ob du Zugang zu giftigen Substanzen gehabt hättest.
Aber deine Pflegemama sagte, dass es nichts gäbe, woran du dich hättest vergiften können (später stellte sich heraus, dass es einen Bonsai aus der Ficus-Familie auf einem Regal gab).

Dein Kalium zu erhöhen und die Nierenwerte mit Infusion zum Sinken zu bringen war das erste Ziel, um dann mit einem schnell wirkenden Insulin den Zucker wieder in den Griff zu bekommen. Im Röntgen und Ultraschall war nichts auffälliges an den Nieren oder anderen Organen zu erkennen, nicht einmal an der Pankreas, die zuvor in der Sono immer etwas auffällig gezeigt hatte.
Du bekamst noch etwas gegen Schmerzen und auch gegen Übelkeit.

Hättest du dich stabilisiert, hätte ich dich erstmal zu mir genommen, doch auch nach 5 Stunden ging es dir nicht besser. Du konntest deinen Kopf nicht mehr heben, so dass ich dich zu den Kleintierspezialisten für eine intensive Überwachung und weiteren Therapie in der Nacht brachte …

Dein Zucker war nicht nochmal gemessen worden und ich habe es vergessen, obwohl ich dein neues Blutzuckermessgerät mitgenommen hatte. Heute glaube ich, dass der Zucker bereits zu diesem Zeitpunkt gesunken war.

Bei den Kleintierspezialisten stellte ich beim Wiegen fest, dass deine Hinterbeinchen irgendwie steif wirkten. Du hattest auf deinem linken Auge eine Delle, die ich bei der Abholung für Haare gehalten hatte. Wir konnten es uns nicht erklären, doch dann erinnerte ich mich, dass ich bei der Abholung kurz gedacht hatte, dass du überhaupt nicht mehr blinzelt oder überhaupt die Augen bewegst.

Als ich mich von dir verabschiedete und sagte, dass alles gut werden würde, hatte ich den Eindruck, als ob du durch mich hindurch sehen würdest. Ich habe gelogen und nicht gewusst, dass das das letzte Mal sein würde, dass ich in dein wunderschönes Gesicht schauen würde. Stattdessen vergeudete ich diesen Moment damit, dass ich meinen Impuls unterdrückte, der Helferin zu sagen, dass sie dich nicht wie ein Baby tragen soll.

Jetzt weiss ich, dass du zu dem Zeitpunkt schon nichts mehr gesehen haben wirst. Und dass diese Delle auf deinem Auge dadurch entstanden war, weil du deine Augen nicht mehr schließen konntest und deshalb mit offenem Augen auf deiner Pfote oder unebenen Oberfläche gelegen hast.

Es tut mir so schrecklich leid, dass ich nicht sofort verstanden und reagiert habe. Was würde ich darum geben, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte. Wir Menschen haben an dir versagt … ich habe versagt.

Um 21 Uhr bin ich nach Hause gegangen und um 2:30 Uhr wurde ich das erste Mal angerufen, weil deine Atmung schwerer geworden war. Dein Kalium war inzwischen gestiegen und dein Zucker war ohne Insulin auf 150 gesunken. Die TÄ sagte, dass man deine Infusion angepasst hätte und du wärst wieder stabil. Sie sagte, dass sie einen Schaden am Großhirn vermutet, denn du würdest körperlich nicht mehr auf Berührungen reagieren und nichts wahrnehmen und man müsste jetzt abwarten, ob es sich wieder umkehren kann.

Um 5:30 Uhr rief sie mich erneut an, um mir zu sagen, dass du zu krampfen begonnen und einen Atemstillstand hattest und dann dein Herz zu schlagen aufgehört hätte, so dass sie dich gerade reanimmieren würden. Sie musste es mehrfach wiederholen, denn ich verstand nicht. Doch als ich das Gesagte verstand, sagte ich ihr, dass sie aufhören sollen. Ich hatte geschworen, dass ich alles tun würde, was in meiner Macht steht, um dich in deinem Kampf zu unterstützen, doch jetzt warst du am Ende.

Bis heute habe ich keinen Bericht von den Kleintierspezialisten bekommen. Der USB-Stick mit dem Ultraschall und Röntgenbildern ist verschwunden.

Ich habe dich abgeholt und zum Tierfriedhof gebracht, wo wir dich begraben werden. Und auch mit dir geht wieder ein Stück von mir. Mein Herz hatte ich in dem Moment an dich verloren, als ich das erste Mal in deine Augen sah. Ich habe mir so viel mehr für dich gewünscht.

Aber gute Absichten allein reichen eben nicht. Und unabhängig davon was sich in Bezug auf die Ursachen für deinen Zusammenbruch und dein Ende herausstellt, war ich allein mit meinen Entscheidungen für dich verantwortlich … und niemand sonst.

Es geht hierbei nicht um Schuld, sondern um Verantwortung und Ursachenforschung, um zu verstehen und zu lernen, damit zukünftig keine Katze diesen Weg gehen muss … damit dein Leiden nicht umsonst war und irgendeinen Sinn macht.

Mein Herz ist gebrochen und meine Tränen wollen nicht versiegen, doch ich weiß, dass du jetzt frei von allem Leiden bist und das ist gerade das Einzige, an das ich mich festhalten kann.

Verhaltensänderungen sind immer die ersten Symptome einer Erkrankung bei Katzen.

Niemals dürfen wir vergessen, dass Katzen aufgrund ihrer biologischen Stellung sehr lange körperliches wie seelisches Leiden nicht zeigen können. Und das aber nicht bedeutet, dass sie nicht leiden! Katzen sind wie Eisberge, wir sehen nur die Spitze, der große Körper liegt unsichtbar unter der Wasseroberfläche. Deshalb ist es unerlässlich, tief unter die Oberfläche zu gehen, wenn wir erkennen und verstehen wollen … oder müssen. Und hier gibt es auch keine Abkürzungen.

Die Geschichte von Moritz

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